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AutorenbildMareike Eggers

Die Liste der Lehrerin

Es gibt eine Geschichte von einer Lehrerin, die mir schon mehrfach im Leben über den Weg gelaufen ist, und die ich einfach so schön finde, dass ich sie gerne weitergeben möchten.

2 Kinder schreiben mit Bleistiften in Blöcke

Ich kenne den ursprünglichen Autor leider nicht, sonst würde ich ihn hier nennen. Es geht mir aber auch nicht um den genauen Text, sondern die Idee dahinter...


Diese Lehrerin hat eines Tages ihre Schüler gebeten, die Namen von allen Schülern der Klasse auf ein Blatt Papier zu schreiben. Dann bat sie die Schüler zu überlegen, was das Netteste ist, das sie über jeden ihrer Klassenkameraden sagen konnten. Und das sollten sie neben den jeweiligen Namen schreiben.


Am Ende der Stunde gaben alle ihr Blatt der Lehrerin und sie stellte in den nächsten Tagen für jeden Schüler zusammen, was seine Mitschüler Nettes über ihn oder sie aufgeschrieben hatten.


Als sie kurz darauf jedem Schüler seine oder ihre Liste gab, lächelten alle nach kurzer Zeit. Man konnte geflüsterte Wort hören wie "Wirklich? Ich wusste gar nicht, dass ich irgendjemandem was bedeute!" und "Ich wusste nicht, dass mich andere so sehen." In der Klasse wurden die Listen nicht weiter besprochen. Die Lehrerin fragte nicht, ob die Schüler sie untereinander oder vielleicht mit ihren Eltern diskutiert hatten. Es war ihr nicht wichtig, für sie hatte die Übung ihren Zweck erfüllt: die Schüler waren glücklich mit sich und mit den anderen.


Einige Jahre später starb Mark, einer der Schüler, durch einen Unfall. Wie viele Freunde und Bekannte ging auch die Lehrerin zum Begräbnis. Einer nach dem anderen ging am Sarg vorbei und erwies dem jungen Mann die letzte Ehre. Die Lehrerin ging als eine der Letzten. Als sie betend vor dem Sarg stand fragte einer der Anwesenden, der mit anderen den Sarg getragen hatte "Waren Sie Marks Mathelehrerin?" Als sie nickte fuhr er fort "Mark hat sehr oft von Ihnen gesprochen." Nach dem Begräbnis waren viele von Marks früheren Schulfreunden versammelt. Marks Eltern waren auch da und sein Vater sprach die Lehrerin an "Wir wollen Ihnen etwas zeigen", sagte er und zog ein stark abgenutztes Blatt aus seiner Tasche. "Das wurde gefunden, als Mark verunglückt ist. Wir dachten, Sie würden es erkennen." Das Papier war offensichtlich viele Male gefaltet und auseinandergefaltet worden und auch mehrfach zusammengeklebt. Die Lehrerin wusste ohne hinzusehen, dass dies eines der Blätter war, auf denen die netten Dinge standen, die seine Klassenkameraden über Mark geschrieben hatten.

"Wir möchten Ihnen so sehr dafür danken, dass Sie das gemacht haben", sagte Marks Mutter. "Wie Sie sehen können, hat Mark das sehr geschätzt." Nun meldeten sich mehrere der früheren Mitschüler zu Wort. "Ich habe meine Liste auch noch. Sie ist in der obersten Schublade in meinem Schreibtisch." sagte einer. "Sie ist in meinem Tagebuch." erzählte eine andere. Eine Mitschülerin holte ihren Taschenkalender hervor und zeigte ihre abgegriffene und ausgefranste Liste den anderen. "Ich trage sie immer bei mir. Ich glaube, wir haben alle die Listen aufbewahrt.". Die Lehrerin war so gerührt, dass sie sich setzen musste und weinte. Sie weinte um Mark und für alle seine Freunde, die ihn nie mehr sehen würden.


Im Alltag vergessen wir leicht, dass jedes Leben eines Tages endet und dass wir nicht wissen, wann dieser Tag sein wird. Aber es geht nicht nur um einen plötzlichen Todesfall. Für uns alle bedeutet es viel und es kann uns viel Kraft geben, wenn wir Aufmerksamkeit und Anerkennung von unseren Mitmenschen bekommen. Deshalb sollten wir den Menschen, die wir lieben und schätzen immer mal wieder sagen, dass sie für uns jemand Besonderes und Wichtiges sind.



Was hat diese Geschichte mit Glaubenssätzen zu tun? Immerhin ist das hier ein Glaubenssatz-Blog. Ich gebe zu: nicht wahnsinnig viel. Die Geschichte berührt mich einfach immer wieder beim Lesen. Und ich genieße es, mich berühren zu lassen. Solche Momente sind häufiger und intensiver geworden dadurch, dass ich meine Glaubenssätze bearbeitet habe. Einige alte, jetzt nicht mehr nötige Schutzbarrieren wurden dadurch abgebaut und meine Gefühlswelt ist vielfältiger, bunter geworden.

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